Heute geht es um Zeitverschiebungen. Nicht zwischen Ost und West oder Sommer und Winter, sondern zwischen Auge und Kontaktlinse. Es geht um den richtigen Zeitpunkt (so es ihn denn gibt), um mit Kontaktlinsen zu starten, um die gemeinsame Zeit, die Augen und Kontaktlinsen gut tut, und die Stunden, Tage oder gar Wochen, die Träger*innen am liebsten noch dranhängen würden. Es geht um Eingewöhnungszeiten für weiche und formstabile (“harte”) Kontaktlinsen und um die Frage, warum es so wichtig ist, sich Zeit für eine fachgerechte Anpassung der Kontaktlinsen zu nehmen.

Zu alt? Zu jung? – Wann ist der richtige Zeitpunkt für Kontaktlinsen?

Den richtigen Zeitpunkt, um mit Kontaktlinsen anzufangen, gibt es nicht. Ihr solltet körperlich in der Lage sein, die Linsen auf- und abzusetzen und zu reinigen. Und geistig «reif» genug, um verantwortungsvoll mit den kleinen Sehhelfern umzugehen. Das schliesst die fachgerechte Anpassung ebenso ein wie die tägliche Pflege und das Einhalten der maximalen Tragezeiten.

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Sprechen keine medizinischen Gründe gegen Kontaktlinsen, könnt ihr im Prinzip jederzeit loslegen. Nehmt euch ein wenig Zeit, um zum Beispiel online erste Informationen über Kontaktlinsen einzuholen, oder wählt gleich den Weg über den Optiker oder die Optikerin und lasst euch dort zu den vielen Möglichkeiten beraten, die Kontaktlinsen bieten. Dort könnt ihr dann auch im nächsten Schritt die Anpassung der Linsen an eure Augen vornehmen lassen.

Wieviel Zeit sollte man für die Anpassung einplanen?

Eine Anpassung kann unterschiedlich lange dauern, je nachdem, wie komplex eure Sehanforderungen sind und ob ihr eine massgeschneiderte Linse braucht oder Standardlinsen tragen könnt. Egal wie lange es dauert, dieser Schritt ist sehr wichtig. Eine Abkürzung über Online-Shops oder die Drogerie um die Ecke spart euch vielleicht auf den ersten Blick Zeit. Diese kommt aber später oft doppelt und dreifach wieder dazu, wenn ihr wegen nicht passender Linsen Probleme beim Sehen bekommt oder eure Augen aufgrund von Reizungen behandelt werden müssen. Daher investiert lieber am Anfang ein paar Tage mehr für Beratung und Anpassung, statt Knall auf Fall ein Paar Linsen im Netz zu ordern, um dann doch zwischen Optiker*innen, Ärzt*innen und Apotheken hin- und her zupendeln.

Wann fühlen sich Kontaktlinsen normal an?

Wann die Linsen sich quasi wie ein Körperteil anfühlen, hängt davon ab, welche Linsen ihr tragt. Weiche Kontaktlinsen aus Hydrogel oder Silikonhydrogel haben eine hohe Spontanverträglichkeit.  Das heisst, dass ihr sie schon kurz nach dem Aufsetzen nicht mehr spürt und das Gefühl habt, plötzlich ganz ohne Sehhilfe scharf sehen zu können (ein tolles Gefühl übrigens!).

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Ist eine weiche Kontaktlinse auch Minuten nach dem Aufsetzen noch deutlich auf dem Auge spürbar, stimmt etwas nicht. Eventuell sitzt die Linse nicht richtig oder es befindet sich ein Fremdkörper auf der Oberfläche oder zwischen Linse und Auge (z.B. eine Wimper oder ein Fussel). Ein immer wiederkehrendes Brennen oder Zwicken nach dem Aufsetzen kann aber auch ein Anzeichen dafür sein, dass ihr das Pflegemittel nicht vertragt. In jedem Fall solltet ihr die Linse absetzen, sie auf Risse oder Fremdkörper absuchen und noch einmal gründlich abspülen. Bringt das keine Verbesserung, hilft nur der Gang zum Anpasser oder zur Anpasserin mit den Linsen im Gepäck (nicht auf dem Auge.)

Anders ist es beim Tragen von harten Kontaktlinsen. Unannehmlichkeiten am Auge, die bei Weichlinsen darauf hindeuten, dass etwas nicht stimmt, sind bei harten Kontaktlinsen anfangs ganz normal. Bei diesen Linsen solltet ihr mehr Zeit für die Anpassung und Gewöhnung einplanen und braucht viel Geduld. Es kann einige Wochen oder sogar Monate dauern, bis das Fremdkörpergefühl im Auge ganz verschwunden ist (aber dann gilt auch hier: tolles Gefühl!). In dieser Zeit steigert ihr die tägliche Tragezeit Stück für Stück.

Apropos Tragezeit: Wie lange am Tag dürfen Kontaktlinsen auf den Augen bleiben?

Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Die Tragezeit wird im Wesentlichen von drei Faktoren bestimmt, die alle ineinander greifen:

  1. Linsenmaterial: Harte Kontaktlinsen und weiche Silikonhydrogellinsen sind für lange tägliche Tragezeiten von bis zu 16 Stunden ausgelegt. Weiche Hydrogellinsen sollten dagegen nicht länger als zehn bis 12 Stunden getragen werden.
  2. Augenprofil: Jedes Auge ist anders, und so können manche Träger*innen die maximal empfohlenen Tragezeiten ihrer Kontaktlinsen problemlos ausreizen, während andere nie über acht Stunden täglich hinauskommen. Etwa weil sich das Auge trocken oder müde anfühlt und sie aus anderen Gründen das Bedürfnis haben, die Linsen abzusetzen. Auf die Signale des Körpers zu hören ist bei Kontaktlinsen sehr wichtig. Zwar können Nachbenetzungstropfen dafür sorgen, dass sich die Linsen noch ein bisschen länger frisch anfühlen. Die Tropfen sollte man jedoch sparsam dosieren. Wenn ihr könnt, setzt eure Linsen ab, um den Augen eine Pause zu gönnen, und greift in der Zeit zur Ersatzbrille.
  3. Aktivitäten und Umwelt: Kontaktlinsen mögen frische, staubarme Luft. Trockene Raumluft dagegen, Dämpfe, Staub und Rauch entziehen ihnen Feuchtigkeit und reduzieren damit die Tragezeit.

Und wann ist es Zeit, die Linsen auszutauschen?

Kontaktlinsen gibt es nicht nur aus unterschiedlichen Materialien, sie haben auch unterschiedliche Austauschzeiten. Die am weitesten verbreiteten Linsenarten sind:

  1. Monatslinsen: Monatslinsen sind weiche Linsen aus Hydrogel oder Silikonhydrogel. Sie können einen Monat lang tagsüber bzw. zu den Wachzeiten getragen werden. Beim Schlafen werden sie in einem speziellen Behälter gelagert und desinfiziert. 30 Tage, nachdem sie das erste Mal getragen wurden, müssen sie entsorgt und durch ein frisches Linsenpaar ersetzt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in dieser Zeit tatsächlich 30 Mal getragen wurden oder die Hälfte der Zeit im Behälter lagen.
  2. Jahreslinsen: Jahreslinsen sind entweder weiche oder harte Kontaktlinsen. Sie können etwa ein Jahr lang getragen werden, mit den entsprechenden Tragepausen beim Schlafen wie bei Monatslinsen. Harte Jahreslinsen könnt ihr, bei guter Pflege, gegebenenfalls auch länger als ein Jahr nutzen. Der Zustand der Linse sollte vorher vom Anpasser oder von der Anpasserin überprüft werden.
  3. Tageslinsen: Tageslinsen sind weiche Kontaktlinsen aus Hydrogel oder Silikonhydrogel, die zwischen acht und 16 Stunden am Tag getragen werden können. Anschliessend werden sie entsorgt und beim nächsten Mal durch ein frisches Paar ersetzt. Diese Linsen sind vor allem für Menschen mit empfindlichen Augen geeignet oder für diejenigen, die nur gelegentlich Kontaktlinsen tragen möchten, etwa zum Sport oder zu besonderen Anlässen. Eine fachgerechte Anpassung ist auch bei Tageslinsen wichtig.

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Kontaktlinsen im Alter: Zu spät für den Wechsel?

Genau wie es kein Mindestalter für Kontaktlinsen gibt, gibt es auch keine Obergrenze. Wer in der Lage ist, die Linsen zu «bedienen», kann sie bis ins hohe Alter tragen und auch noch als “Silver Ager” damit anfangen. Die grosse Bandbreite an so genannten “Kontaktlinsen-Geometrien”, also Passformen und Korrektionswerten, macht es möglich. Multifokallinsen etwa sind eine praktische Alternative zur Gleitsichtbrille. Sie ermöglichen scharfes Sehen in allen Lebenslagen und in alle Entfernungen und können die Lebensqualität positiv beeinflussen.

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Fazit: Zeit ist kostbar. Diese Erkenntnis mündet in dem Wunsch, sie mit Aktivitäten zu füllen, die uns gut tun und Spass machen. Bei vielem, was wir tun, können Kontaktlinsen uns ein Stück weit mehr Freiheit und Unabhängigkeit geben. Die Zeit für eine fachgerechte Anpassung der Sehhelfer ist also bestens investiert.