child with two donuts in front of his eyes

Der World Contact Lens Day am 15. April ist die perfekte Gelegenheit, eine der grössten Errungenschaften der Augenoptik zu feiern: die Kontaktlinse. Was einst eine skurrile Idee von Leonardo da Vinci war, ist heute eine hochentwickelte Technologie, die Millionen Menschen fast so selbstverständlich nutzen wie die Zahnbürste.

Warum sind Kontaktlinsen nicht einfach nur “Sehhilfen”, sondern ein Lebensgefühl? Und was macht diese kleinen Wunderwerke eigentlich so besonders? – Ein Blick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Kontaktlinsen zeigt, warum sie weit mehr als nur eine Alternative zur Brille sind.

Von der Vision zur Realität

Kaum zu glauben, aber die Idee der Kontaktlinse ist über 500 Jahre alt! Schon 1508, also im tiefsten Mittelalter, als das Wort “Hygiene” im Alltag noch verdammt klein geschrieben wurde, machte sich Leonardo da Vinci Gedanken darüber, wie man die Sehschärfe durch Wasser verändern könnte. Ein gewisser Sir John Herschel brachte 1827 die Idee einer direkt auf dem Auge aufliegenden Linse ins Spiel. Es vergingen dann weitere 60 Jahre, bis Adolf Fick die erste funktionierende Kontaktlinse aus Glas entwickelte. Diese frühen Modelle waren alles andere als bequem; vergleichbar mit einem Glasdeckel auf dem Auge.

Woman holding two glasses in front of her eyes and laughing

Autsch. Dagegen ist die Eingewöhnungszeit bei heutigen Hartlinsen ein Wellnessurlaub. Erst in den 1960er Jahren sorgte schliesslich die Erfindung weicher Hydrogel-Linsen für den endgültigen Durchbruch. Heute sind Kontaktlinsen in allen erdenklichen Varianten verfügbar, angepasst an unterschiedliche Sehschwächen und Lebensstile.

Linsen für alles und jede:n

In den letzten Jahrzehnten ging die Entwicklung rasant weiter. Moderne Kontaktlinsen sind aus hochsauerstoffdurchlässigen Materialien gefertigt, die den Tragekomfort erheblich verbessern und schonender fürs Auge sind. Ob Tages-, Monats- oder Jahreslinsen – für nahezu jedes Bedürfnis gibt es die passende Lösung. Auch starke Fehlsichtigkeiten lassen sich so ausgleichen, ohne dass das Gegenüber überhaupt Wind davon bekommt. Menschen mit Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) profitieren von torischen Linsen, während multifokale Linsen altersbedingte Sehprobleme ausgleichen. Menschen mit Vorerkrankungen der Augen müssen dank Sklerallinsen auch nicht auf rahmenloses Sehen verzichten. Und Ortho-K-Linsen korrigieren die Sehschwäche im Schlaf. Ein Traum! Und die Entwicklung geht weiter.

colourful glass

Smart Lenses: Die Zukunft des Sehens?

Kontaktlinsen könnten in Zukunft noch viel mehr sein als nur eine Sehhilfe. Ideen gibt es viele, einige mehr, andere weniger ausgereift. Augmented-Reality-Linsen könnten digitale Inhalte direkt ins Sichtfeld projizieren – eine Brille wäre dann überflüssig. Medizintechnische Innovationen wie glukosemessende Linsen könnten Diabetikern helfen, ihren Blutzucker im Blick zu behalten. Und Autofokus-Linsen könnten Altersweitsichtigkeit ganz ohne Lesebrille korrigieren. Klingt futuristisch? – Vielleicht. Aber einige Technologien sind bereits in der Entwicklung und könnten zumindest theoretisch den Alltag von Millionen Menschen noch mehr als ohnehin schon zum Positiven verändern.

Women putting contact lens in container with plant in the background

Umweltfreundliche Kontaktlinsen: Nachhaltigkeit im Blick

Am Thema Klimaschutz kommen auch Kontaktlinsen nicht vorbei. Einige Hersteller arbeiten bereits an biologisch abbaubaren Linsen, die die Umwelt weniger belasten. Recycling-Programme für alte Linsen und ihre Verpackungen tragen dazu bei, Plastikmüll zu reduzieren. Zudem sorgen innovative Materialien für langlebigere und ressourcenschonendere Linsen. Gutes Sehen mit einem guten Gewissen ist dann nicht mehr nur ein netter Werbespruch, sondern hoffentlich schon bald gelebte Realität.

Linsenfans auch ohne Sehschwäche

Kontaktlinsen sind schon lange keine reine Sehhilfe mehr. Ein Blick ins Linsensortiment ohne Stärke, dafür mit viel Farbe verrät es. Wer Lust auf eine Typveränderung hat, muss nicht auf eine Sehverschlechterung hoffen, sondern kann mit farbigen Linsen nach Lust und Laune die Augenfarbe wechseln. Farbverstärkende und farbverändernde Linsen gibt es natürlich auch mit den entsprechenden Dioptrienwerten. Halloween- und Cosplay-Linsen sorgen für spektakuläre Effekte, manchmal aber leider auch für Negativschlagzeilen, wenn ihre Träger:innen sie allzu unbedarft handhaben.

blue and green lens

Gleichzeitig sorgen viele engagierte Augenoptiker:innen, Gesundheitsexpert:innen und erfahrene Linsenträger:innen durch gezielte Aufklärung vor allem im Netz dafür, dass junge und tendenziell risikoaffine Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit Kontaktlinsen lernen.

Mensch statt Maschine: Die Anpassung bleibt Handwerk

So beeindruckend moderne Technologien auch sind – sie ersetzen nicht die professionelle Anpassung durch eine Optikerin oder einen Optiker. Jedes Auge ist einzigartig, und nur eine exakte Anpassung stellt sicher, dass die Linse perfekt sitzt, das Auge genügend Sauerstoff bekommt und langfristig gesund bleibt.

Noch immer denken viele, mit einem Sehtest ist es getan. Die Anpassung umfasst aber viele weitere Schritte. Wie ist die Hornhaut geformt? Wie setzt sich die Tränenflüssigkeit zusammen? Gibt es individuelle Besonderheiten, die beachtet werden müssen? – Auf Basis der Messungen wählt die Optikerin oder der Optiker die passende Linsenart aus und passt ein erstes Probelinsenpaar an. Dabei kommen moderne Geräte, wie topografische Scanner, zum Einsatz. Sie helfen, die Oberfläche des Auges millimetergenau zu vermessen. Die endgültige Beurteilung, ob die Linse wirklich gut sitzt und scharfes Sehen ermöglichen wird, kann jedoch nur ein:e erfahrene:r Expert:in treffen.

woman with magnifying glass

Digitale Sehtests, Online-Analysen oder Empfehlungen aus digitalen Foren vermitteln mitunter das Gefühl, als seien sie verlässliche Alternativen zur professionellen Anpassung. Dem ist aber nicht so. Gerade Empfehlungen anderer Kontaktlinsenträger:innen bringen nicht viel, ausser eine falsche Sicherheit. Denn was für die Augen einer Person funktioniert, kann bei einer anderen völlig ungeeignet sein.

Informationen aus dem Netz können eine wertvolle erste Orientierung liefern. Auch macht es uns der digitale Raum leicht, sich mit Expert:innen und anderen Nutzer:innen auszutauschen. Die Anpassung bleibt aber analog – auch wenn es uns so manchmal vorkommt, als wären wir ins Zeitalter des guten alten Leonardo Da Vinci zurückgeworfen worden.

In diesem Sinne: Happy Birthday Leonardo (RIP) und Happy World Contact Lens Day!