Einer der grossen Vorteile von Kontaktlinsen ist, dass sie für Menschen fast jeden Alters und für alle nur denkbaren Alltagssituationen geeignet sind. Das heisst aber im Gegenzug auch, dass sie mit allen möglichen Herausforderungen zurechtkommen müssen, die ihre Träger*innen mitbringen: Der eine tut sich schwer beim morgendlichen Aufsetzen, die andere trainiert für den Marathon, der eine arbeitet täglich bei 40 Grad Raumtemperatur, die andere kann sich ein Leben ohne lange Fingernägel nicht vorstellen. All diese unterschiedlichen Bedürfnisse haben Auswirkungen auf die Wahl der passenden Sehhilfe. Nun sind Kontaktlinsen bekanntermassen manchmal hart und manchmal weich. Aber lässt das auch darauf schliessen, wie hart im Nehmen die kleinen Sehhelfer sind, wenn es um Einflüsse von aussen geht? Was kann man ihnen getrost zumuten und was sind absolute No-Gos? Dieser Frage wollen wir uns heute widmen.
Kontaktlinsen vom Fussboden aufs Auge setzen?
Dass Kontaktlinsen mal im Waschbecken oder auf dem Fussboden landen, passiert selbst erfahrenen Träger*innen. Und selbst erfahrene Träger*innen hadern immer wieder mit sich: Sollte ich die Linse jetzt überhaupt noch aufsetzen? Reicht die schnelle Reinigung, um sie wieder “tragbar” zu machen? Oder sollte ich sie lieber doch entsorgen und eine frische nehmen?
Die einfache Grundregel hier lautet: Niemals direkt vom Waschbecken, Fussboden oder einer anderen Fläche aufs Auge! Vor dem Aufsetzen sollten die Linsen mit der Pflegelösung (meist All-in-One-Lösung) benetzt, in der Handfläche gründlich abgerieben und anschliessend mit der Lösung abgespült werden, um Schmutzpartikel, die über den Boden oder das Waschbecken auf die Linse gelangt sein könnten, zu entfernen. Das gilt allerdings nur bei sauberen Untergründen, also etwa dem häuslichen Badezimmer. Und auch nur, wenn die Kontaktlinse nur kurzen Kontakt mit dem Boden oder der Keramik hatte. Anders sieht es aus, wenn euch die Linse auf einer öffentlichen Toilette runterfällt oder lange Zeit auf dem Boden lag, etwa weil ihr gar nicht bemerkt habt, dass sie heruntergefallen ist. Im ersten Fall – kurzer Kontakt mit stark verschmutztem oder bakteriell belasteten Untergrund – reicht das kurze Abspülen und Abreiben nicht. Hier solltet ihr die Linse komplett desinfizieren, also nach der manuellen Reinigung über die angegebene Zeit in eurer Reinigungslösung lagern, bis ihr sie wieder aufsetzt. Noch sicherer ist es, die Linse zu entsorgen und durch eine neue zu ersetzen.
Hat die Linse längere Zeit auf dem Boden gelegen und ist bereits angetrocknet, ist sie nicht mehr verwendbar und muss in jedem Fall entsorgt werden, wenn es es sich um eine Weichlinse handelt. Formstabile («harte») Linsen dagegen vertragen auch eine trockene Lagerung. Bevor ihr eine Hartlinse nach entsprechender Reinigung wieder tragt, solltet ihr aber sichergehen, dass sie während der Zeit auf dem Boden nicht beschädigt wurde. Auch feinste Risse, die mit dem blossen Auge nicht erkennbar sind, können der Augenhornhaut schaden. Im Zweifel geht mit der Linse im Behälter zu eurem Anpasser oder eurer Anpasserin und lasst sie dort überprüfen, bevor ihr sie wieder benutzt.
Wimpernkleber, Mascara und lange Fingernägel: Kontaktlinsen mögen es weniger künstlich
Das Tolle an Kontaktlinsen: Sie verändern das Aussehen nicht und lassen so jede Menge Spielraum für andere Styling-Varianten. Bei Schmuck und Make-up sind euch kaum Grenzen gesetzt – aber einige wenige dann eben doch. Und die betreffen vor allem Produkte, die direkt am und ums Auge angewendet werden. Mascara ist grundsätzlich kein Problem, solange sie wasserlöslich ist. Auch Lidschatten in Creme-Form geht wunderbar zusammen mit Kontaktlinsen. Schwierig sind dagegen pudrige Produkte, da sie feinste Partikel-Spuren auf den Kontaktlinsen hinterlassen können. Auch künstliche Wimpern sind mit Vorsicht zu geniessen. Der Kleber darf keinesfalls auf die Linsen gelangen. Schon die Dämpfe, die vom Kleber ausgehen, können ein Problem darstellen. Besser ist es, eine kontaktlinsentaugliche Mascara zu verwenden, die euren Wimpern Volumen verleiht, und gänzlich auf künstliche Wimpern zu verzichten.
Auch bei Fingernägeln ist der natürliche Look der bessere. Kurze Fingernägel erleichtern das Aufsetzen und Absetzen der Linsen erheblich.
Mit künstlichen und/oder sehr langen Fingernägeln besteht immer das Risiko, eure Kontaktlinsen zu beschädigen oder euch beim Aufsetzen der Sehhelfer am Auge zu verletzen. Schon kleinste Risse, sogenannte «Haarrisse», die ihr sehr wahrscheinlich nicht wahrnehmen könnt, liefern die perfekte Angriffsfläche für Bakterien. Lasst die Nägel daher möglichst kurz und sorgt lieber über einen tollen Nagellack für einen Hingucker, nicht aber über die Länge.
Kontaktlinsen in alter Pflegelösung: Nur die harten verzeihen das
Ihr habt euch letztes Jahr zu Halloween Farb- oder Motivlinsen gekauft, sie nur einmal getragen und anschliessend in den Behälter mit der Aufbewahrungslösung getan. Nun, ein knappes Jahr später, fallen sie euch wieder in die Hände und ihr fragt euch: Kann ich die Linsen dieses Jahr an Halloween nochmal verwenden? – In diesem speziellen Fall (der aber erstaunlich häufig eintritt) lautet die Antwort ganz klar: Nein! Wenn ihr weiche Kontaktlinsen über längere Zeit im Behälter aufbewahrt, muss die Pflegelösung regelmässig erneuert werden, mindestens ein Mal in der Woche. Im Falle von Fun- und Motivlinsen kommt hinzu, dass die Qualität des Linsen-Materials sehr unterschiedlich ausfallen kann. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Jahreslinsen aus dem Kostümshop nicht halten, was sie versprechen. Dass diese Linsen zudem meist nicht an die Augen angepasst werden, ist ein weiteres Argument, warum man sie – selbst bei guter Pflege – nicht wiederverwenden sollte.
Ist der Linsen-Behälter nicht richtig fest verschlossen, kann es passieren, dass die Pflegelösung verdunstet. Stellt ihr beim Öffnen fest, dass eure Linsen «auf dem Trockenen liegen», ist für Weichlinsen an diesem Punkt Endstation. Sie müssen immer in spezieller Flüssigkeit lagern. Auch kurze Zeiten im Trockenen machen sie unbrauchbar. Hartlinsen dagegen vertragen die trockene Lagerung. Ihr könnt sie daher nach einer längeren Tragepause wie gewohnt in frische Reinigungslösung legen und anschliessend weiter benutzen. Ausnahme: Sie kleben am Behälter fest und lassen sich nur schwer ablösen. In dem Fall solltet ihr überprüfen (lassen), ob sie beim Ablösen beschädigt wurden, bevor ihr sie wieder aufsetzt.
Neben diesen drei beschriebenen Szenarien gibt es natürlich noch andere «Dos & Don’ts» im Umgang mit Kontaktlinsen. Hier findet ihr auf einen Blick weitere Beispiele, was Kontaktlinsen problemlos mitmachen – und was nicht.
Was Kontaktlinsen mitmachen:
- Schwimmen und Tauchen – wenn ihr einige Regeln beachtet
- Saunagang – unter bestimmten Voraussetzungen
- Intensive sportliche Aktivitäten
- Allergien – bei gründlicher Pflege und ohne Augen-Medikamente
- Reisen – mit entsprechender Ausrüstung
Was Kontaktlinsen nicht verzeihen:
- Auf- und Absetzen mit ungewaschenen Händen
- Nutzung in staubigen und trockenen Umgebungen sowie bestimmte chemische und nicht-chemische Dämpfe
- Zu lange Tragezeiten
- Falsche und/oder abgelaufene Pflegelösung
- Nicht oder zu wenig blinzeln (z.B. am Bildschirm oder beim Schlafen)