Manche Dinge versteht man erst, wenn man sie selbst erlebt hat. Bei Kontaktlinsen ist das nicht anders. Es gibt Situationen, Gefühle und Gedanken, von denen ich behaupten würde, dass kein*e Brillenträger*in sie nachempfinden kann. Es folgt eine Auflistung, die Lesende gern ergänzen dürfen. 

Die vielen Fragen vor dem ersten Mal Linsen tragen

Kann ich Kontaktlinsen bei meiner Sehschwäche überhaupt tragen? Welche Kontaktlinsen sind die besten? Und wo kann ich Kontaktlinsen kaufen? – Dies ist nur eine kleine Auswahl an Fragen, die Linsen-Interessierten durch den Kopf gehen, wenn sie sich das erste Mal ganz konkret mit den kleinen Sehhelfern beschäftigen. Oft führt der erste Weg ins Internet, auf Aufklärungsseiten, wie diese hier, oder in Foren, um sich die Erfahrungen anderer einzuholen. Das ist gut, um einen ersten groben Überblick zu bekommen, kann aber auch ganz schön verwirren. Denn neben vielen richtigen Basisinformationen finden sich im Netz (und gerade in Laien-Foren) auch viele abenteuerliche Tipps rund um Kontaktlinsen. Daher ist es ratsam, online nicht zu tief ins Thema einzusteigen. Denn das Zusammenspiel von Auge und Kontaktlinse ist eine sehr individuelle Angelegenheit, sodass am Ende ohnehin alles auf einen Beratungstermin beim Optiker oder bei der Optikerin hinausläuft. 

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Die Anspannung vor dem ersten Augenkontakt

Das Aufsetzen von Kontaktlinsen verursacht bei vielen Menschen grosse Unsicherheit: Schaffe ich das? Wie überwinde ich den Lidschlussreflex? Was, wenn ich die Linse nicht aufs Auge bekomme? Oder – noch schlimmer – nicht wieder herunter? – Der Gedanke, sich «ins Auge» zu fassen, erzeugt Unbehagen. Oft ist die Erleichterung bei Linsen-Anfänger*innen dann umso grösser, wenn sie feststellen, dass sie sich gar nicht «ins» Auge fassen müssen, um Kontaktlinsen aufzusetzen, sondern lediglich ganz sanft mit der Kontaktlinse (und nicht mit dem Finger) die Augenoberfläche berühren. Den Rest erledigen Linse und Auge von ganz allein. Auch beim Absetzen geht es darum, den Kunststoff der Linse zu greifen und nicht das Auge. Dass das einen grossen Unterschied macht, lernen Kontaktlinsen-Neulinge im Zuge der Anpassung beim Optiker, wo die richtige Technik erklärt und anschliessend gemeinsam mit dem Fachmann oder der Fachfrau geübt wird. 

Dieser Moment, wenn die Linse sitzt…

…. und man plötzlich ganz ohne Rahmen auf der Nase scharf sehen kann – ein tolles Gefühl! 

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Anfangs neigen einstige Brillenträger*innen dazu, ihre Sehhilfe anzufassen und nach dem Rahmen zu greifen und sind dann einmal mehr fasziniert, dass sie sehen können, ohne dass da etwas im Gesicht sitzt. Und ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob etwas runterfällt, beschlägt oder kaputt geht. 

Das neue Gefühl von Freiheit

Nach dem ersten “Wow”-Effekt aufgrund des rahmenlosen Sehens schliessen sich meist etliche weitere an. Etwa wenn Linsenträger*innen feststellen, wie viel unbeschwerter sportliche Aktivitäten sind, wenn sie mit Kontaktlinsen statt mit Brille stattfinden. Oder wie viel mehr Spass es macht, sich für einen Party-Abend zu stylen, wenn sie bei der Wahl von Outfit und Schmuck keine Brillenfarbe oder -form berücksichtigen müssen. 

Die Angst, die Kontaktlinse könnte hinter das Auge rutschen

Bei so viel gutem Adrenalin darf ein bisschen Ausgleich mit aufgeregten Gefühlen der weniger schönen Art ruhig sein. Diese rühren von der weit verbreiteten Sorge her, die Kontaktlinse könnte hinter das Auge rutschen, etwa wenn ihr Träger oder ihre Trägerin in einem unachtsamen Moment zu stark am Auge reibt. Diese Sorge ist jedoch unbegründet. 

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Die Kontaktlinse kann zwar unter das Augenlid rutschen, aber dort bekommt man sie auf jeden Fall wieder heraus. Meist reicht schon intensives Blinzeln oder auch sanftes Massieren bzw. vorsichtiges Hochziehen des Augenlids, um die verirrte Kontaktlinse wieder an die richtige Stelle zu rücken. Und sollte es wirklich mal nicht allein klappen, schafft es auf jeden Fall der Optiker oder die Optikerin mit einem gekonnten wie sanften Handgriff. 

Frühlingsgefühle der anderen Art

Übrigens: Auch Kontaktlinsen können für Schmetterlinge im Bauch sorgen. Sei es durch das wunderbar leichte Gefühl auf der Nase, das sie ihrem Träger oder ihrer Trägerin an einem lauen Tag bescheren. Oder durch die neu gewonnene Wahlfreiheit mit Blick auf die Sonnen- oder Sportbrille. Oder durch die erstaunlich positive Wirkung mancher Kontaktlinsen bei Heuschnupfen-Symptomen. Denn Linsen wirken mitunter wie kleine Schutzschilde gegenüber herumfliegenden Pollen und können so – gerade in Kombination mit einer Sonnenbrille – brennenden und tränenden Augen ein Stück weit vorbeugen. 

Fokus auf Equipment

Habe ich den Behälter eingepackt? Und das Pflegemittel? Wann muss ich die Linsen eigentlich wechseln? Und sollte ich noch die Ersatzbrille mitnehmen? – Während Brillenträger höchstens ein Etui im Gepäck haben, gehen Kontaktlinsenträger*innen eine ganze Packliste durch, damit ihre Linsen auf Reisen oder bei Auswärts-Übernachtungen gut versorgt sind. 

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Anders als bei der Brille ist penible Hygiene bei Kontaktlinsen ein wichtiges Kriterium. Dazu gehören neben der richtigen Pflege mit einem passenden Reinigungsmittel auch die richtige Aufbewahrung in einem speziellen Linsenbehälter sowie der regelmässige Austausch abgenutzter Monatslinsen. Erfahrene Linsenträger*innen haben diesen Automatismus irgendwann im Blut und sind oft Meister*innen in puncto “Linsen-Logistik”.  

Bleibt festzuhalten: Mit Kontaktlinsen ist ordentlich Bewegung auf der Gefühlsskala. Mit einem Besuch beim Optiker oder bei der Optikerin schafft ihr die besten Voraussetzungen für viele Ausschläge nach oben. 

Titelbild: Foto von Ann H auf pexels.com